Homöopathie

Konzept und Wirkung
Die Homöopathie wurde von dem Arzt Samuel Hahnemann (1755-1843) begründet. Sie basiert auf drei wesentlichen Grundlagen: dem Ähnlichkeitsprinzip, der Arzneimittelprüfung und der Potenzierung.

Das Ähnlichkeitsprinzip "Similia similibus curentur", Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt, formulierte Hahnemann, nachdem er 1790 in einem spektakulären Selbstversuch beobachtete, dass Chinarinde, damals übliche Arznei gegen Malaria, bei ihm als gesundem Menschen vergleichbare Symptome hervorrief, wie er sie bei einer Malaria schon am eigenen Leibe erfahren hatte. In zahlreichen weiteren Versuchen bestätigte er dieses Prinzip.

Ein Beispiel: Das Schneiden einer Küchenzwiebel (Allium cepa) führt beim gesunden Menschen zu Augenjucken, Brennen, Kitzeln in der Nase, Niesen etc. Dem Ähnlichkeitsgesetz folgend, wird Allium cepa bei einem Schnupfen mit eben diesen Erscheinungen eingesetzt.

Das von Hahnemann formulierte Ähnlichkeitsprinzip ist untrennbar mit der zweiten Säule seiner Lehre, der Arzneimittelprüfung am gesunden Menschen, verbunden. Sie dient dazu, die Wirkung eines Arzneistoffes am gesunden Menschen zu erforschen und so Rückschlüsse auf dessen Wirksamkeit bei Erkrankungen zu ziehen. Neben Ähnlichkeitsprinzip und Arzneimittelprüfung ist die Potenzierung die dritte Säule der homöopathischen Praxis. Die Verdünnung und Verschüttelung des Arzneimittels erfolgt nach exakt festgelegten Regeln und verringert das Materielle bei gleichzeitiger Steigerung der Heilkraft des Mittels. Die jeweilige Potenzierung wird durch Buchstaben gekennzeichnet: D-Potenzen (Dezimalpotenzen) sind im Verhältnis 1:9 verdünnt, C-Potenzen (Centesimal-Potenzen) im Verhältnis 1:99 u. s. w. Bei einer C30 Potenz beispielsweise wird also 30mal hintereinander im Verhältnis 1:99 verdünnt und verschüttelt.

Die Homöopathie umfasst heute über 2000 verschiedene pflanzliche, tierische und mineralische Substanzen sowie Nosoden (homöopathische Mittel, die aus erkrankten Geweben oder Körpersekreten aufbereitet werden, z. B. das Tuberkulinum). Sie können als Einzel- oder Komplexmittel verabreicht werden. Bei der Homöopathie mit Einzelmitteln, auch "Klassische Homöopathie" genannt, ist die Wahl des individuell richtigen Mittels (Simile) von entscheidender Bedeutung für den Heilungsprozess. Die Ausübung bedarf einer fundierten Ausbildung, ausreichender Erfahrung und vor allem einer eingehenden Fallaufnahme.

Wie auch bei anderen komplementärmedizinischen (= ergänzenden, alternativen) Therapien, bringt die Forschung und Wissenschaft deutliche Hinweise auf eine gute Wirksamkeit, vor allem bei solchen Studien, die die Therapie in ihrem Gesamtzusammenhang betrachten. So kommen beispielsweise Bornhöft / Matthiesen in "Homöopathie in der Krankenversorgung - Wirksamkeit, Nutzen, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit" zu dem Schluss: "Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es ausreichend Belege für eine präklinische Wirkung und klinische Wirksamkeit der Homöopathie gibt, und dass sie absolut und insbesondere im Vergleich zu den konventionellen Therapien eine sichere und kostengünstige Intervention darstellt".

Anwendung
Am Beginn jeder homöopathischen Behandlung steht das ausführliche Gespräch, das bei Beschwerden mit chronischem Hintergrund durchaus zwei Stunden dauern kann - planen Sie also ausreichend Zeit ein. Besprochen werden alle Aspekte der vorliegenden Erkrankung, ihre Symptome und Begleiterscheinungen, die Vorgeschichte, persönliche Vorlieben und Abneigungen wie Kälte- und Wärmeempfinden, Schlafverhalten und Ernährungsgewohnheiten, außerdem Charaktereigenschaften und emotionale Aspekte, die Familiengeschichte u. v. m. Alle diese Informationen fließen in die Wahl des individuell passenden Mittels ein.

Die Homöopathie wird bei akuten und chronischen Krankheiten gleichermaßen angewendet. Eine Besonderheit der Behandlung chronischer und wiederkehrender Beschwerden ist, dass auch die Krankheitsentwicklung über lange Zeiträume in Betracht gezogen wird. In diesem Zusammenhang spricht man auch von so genannten "Miasmen".

Verabreicht werden homöopathische Mittel als Tabletten, Globuli (Kügelchen), Lösung oder Verreibung. Niedrige Potenzen werden vor allem bei akuten Erkrankungen, häufiger und in kürzeren Abständen gegeben; höhere Potenzen eher bei chronischen Erkrankungen, seltener und in größeren Abständen bzw. sogar nur einmalig. Jedoch sind Anwendungsdauer und -häufigkeit individuell unterschiedlich.

Bestimmte Substanzen (sog. Antidote) wie ätherische Öle (z. B. Pfefferminze in Tee, Zahnpasta), Alkohol, Kaffee, Schwarztee und Tabak können außerdem die Wirkung von Homöopathika mindern oder aufheben.

Anwendungsbeispiele/Indikationen (alphabetisch)
Die Homöopathie eignet sich vor allem für die Behandlung von Erkrankungen, die der Selbstregulation des Organismus zugänglich sind. Hierzu zählen z. B.:
Allergien (z. B. Heuschnupfen):
Asthma bronchiale
Chronisch-entzündliche Erkrankungen (z. B. Colitis ulcerosa)
Chronisch-degenerative Erkrankungen (z. B. zur Schmerzlinderung)
Entwicklungsstörungen bei Kindern
Funktionelle Störungen (d.h. ohne organische Ursachen wie z. B. Reizdarm, funktionelle Herzrhythmusstörungen)
Fruchtbarkeitsstörungen nach Ursachenklärung
Infektionskrankheiten (z. B. grippaler Infekt, Bronchitis, Blasenentzündung)
Infektionsanfälligkeit, wiederkehrende Infekte
Menstruationsbeschwerden
Neurodermitis
Psychosomatische Erkrankungen (wie z. B. Migräne, Schlafstörungen, depressive Verstimmung)
Rheumatische Erkrankungen
Schwangerschaft und Geburt (begleitend)
Wechseljahrsbeschwerden

Auch wenn schulmedizinische Medikamente eingenommen werden müssen - wie beispielsweise bei Diabetes, Schilddrüsendysfunktion und anderen Erkrankungen - ist eine homöopathische Behandlung oder Begleitbehandlung sinnvoll. Ärztlich verschriebene Medikamente sollten nicht eigenmächtig abgesetzt werden.

Gegenanzeigen/Kontraindikationen
Die Homöopathie eignet sich nicht als alleinige Behandlungsform bei schweren akuten oder lebensbedrohlichen Erkrankungen.

Nebenwirkungen und Risiken
Homöopathische Mittel werden i. d. R. sehr gut vertragen. Es kann allerdings nach der Arzneieinnahme über wenige Tage zu einer Erstverschlimmerung kommen. Das ist keine arzneiliche Nebenwirkung, sondern - sofern sich der Gesamtzustand dennoch positiv entwickelt - ein Zeichen für eine Heilungsreaktion und somit positiv zu bewerten. Bei der Gabe eines ungeeigneten Mittels kann es zu Symptomen einer Arzneimittelprüfung kommen. Bei bekannter Allergie darf das entsprechende Mittel (z. B. Apis bei Allergie gegen Bienengift) erst ab D12 gegeben werden.